Über Wasser

Kreetsand: Neuer Raum für die Elbe

Der Einfluss der Gezeiten auf die Elbe ist enorm – und nimmt mit den Jahren zu. Um die Effekte der Tide zu dämpfen, die zur Verschlickung des Hafens und der Fahrrinne führen, schaffen wir im Osten Hamburgs ein neues Überschwemmungsgebiet: Kreetsand.

Auf der Ostseite der Elbinsel Wilhelmsburg haben wir das tidebeeinflusste Flachwassergebiet Kreetsand entwickelt, um neuen Flutraum zu schaffen.
Dieser Flutraum für 1 Mio. Kubikmeter Tidevolumen hilft dabei, den sog. Tidal Pumping- Effekt und damit die Sedimentmengen zu reduzieren.

Der Tidenhub der Elbe beträgt an der Pegelmessstelle im Hafen rund 3,80 Meter. Das war vor 70 Jahren noch anders, da lag er lediglich bei 2,50 Metern. Das hat verschiedene Ursachen: Die natürliche Aufweitung der Elbmündung, die stärkere Tideströmungen in der Elbe zur Folge hat, der Meeresspiegelanstieg infolge des Klimawandels, Absperrungen von Nebenflüssen, Eindeichungen von Seitenbereichen, aber auch die Anpassungen der Fahrrinne haben diesen Effekt begünstigt. Dadurch entwickelt der Flutstrom, der das Wasser in den Hafen drückt, mehr Kraft und spült mehr Sedimente stromaufwärts. Die Folge? Hafenbecken und Fahrrinnen verschlicken schneller.

Auch die Flora und Fauna an den Elbufern lebt im Rhythmus der Gezeiten und ist an abwechselndes Trockenfallen und Überfluten gut angepasst. Diese gezeitenbeeinflussten Süßwasserbereiche sind besonders selten und daher oft auch geschützt.

Um dem entgegenzuwirken, haben wir ein innovatives Konzept erarbeitet – dazu gehört die Herstellung des Flachwassergebietes Spadenlander Busch / Kreetsand an der Norderelbe. Auf einem 30 Hektar großen Gebiet im Osten Wilhelmsburgs, das zuvor Brachland war, errichten wir eine neue, natürliche Bucht, die bei jeder Flut voll Wasser läuft. Durch die Größe der Fläche hat dies einen dämpfenden Effekt auf den Tidenhub, denn mit jedem Füllen des flachen Areals bei Flut, wird der Tide Energie entzogen und damit auch die Strömung beruhigt. Bei Ebbe wird das ablaufende Wasser der Elbe aus dem Gebiet gespeist und unterstützt. Langfristig soll durch solche Maßnahmen der Sedimenttransport reduziert werden, denn ein geringerer Tidenhub bzw. schwächerer Flutstrom bringt weniger Sedimente mit sich.

Mit dem Gebiet Kreetsand setzen wir das erste große Strombauprojekt an der Tideelbe um. Es wurden rund 30 Hektar neuer Flutraum geschaffen. So entstehen ökologisch besonders wertvolle Tideelbelebensräume wie z.B. dieser Priel, Standort für den seltenen Schierlingswasserfenchel.

Der neue Flutraum Kreetsand ist ein erster Baustein zu einer nachhaltigeren Entwicklung der Tideelbe: Dem Fluss wird auf diese Weise Raum zurückgegeben, welcher in den letzten Jahrzehnten durch Eindeichungen, Absperrungen, Baumaßnahmen und Verlandung verloren gegangen ist. In dem neuen Flachwassergebiet ist dann auch Platz für tidetypische Flora und Fauna. Um den Effekt auf die Tidedämpfung bestmöglich auszunutzen und damit auch bei extremen Niedrigwasser noch ausreichend Wasser für Fische und andere Lebewesen vorhanden ist, sind rund zwei Millionen Kubikmeter Boden ausgehoben worden – mehr als das sechsfache Volumen der Hamburger Binnenalster. Künftig kann sich hier auch der Tideauwald ausbreiten und der nur in der Tideelbe wachsende Schierlings-Wasserfenchel ansiedeln.

Bei diesem Projekt gehen Naturschutz und Wirtschaft Hand in Hand: Zum einen sichern wir durch Projekte wie Kreetsand langfristig die Zufahrt zum Hamburger Hafen, zum anderen schaffen wir neuen Tide-Lebensraum für die Natur.

Übrigens: Ende 2022 haben wir das Flachwassergebiet Kreetsand fertiggestellt. Hier geht's zum Artikel.

 

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