Unter Wasser

Die Fahrrinnenanpassung: Für einen zukunftsfähigen Hafen

Eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte Deutschlands ist abgeschlossen: Die Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe, auch Elbvertiefung genannt. Sie sichert die Zukunft des größten deutschen Seehafens. Doch die Diskussion reißt nicht ab. Ist die Fahrrinnenanpassung ein Erfolg oder ist das Vorhaben ökonomisch und ökologisch gescheitert, wie zuweilen behauptet wird? Ein Faktencheck .

Die Fahrrinnenanpassung – ein Gemeinschaftsprojekt für Deutschland

Zur Fahrrinnenanpassung gehört mehr als nur die "Elbvertiefung". Die Karte zeigt, welche Einzelmaßnahmen notwendig sind um das Projekt im Sinne von Schifffahrt und Natur umzusetzen.

Die Elbe ist eine Bundeswasserstraße. Das bedeutet, sowohl der Ausbau als auch die Wassertiefeninstandhaltung der Fahrrinne von der Mündung bis zum Hamburger Hafen gehören zum Aufgabenbereich der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). Lediglich auf Hamburger Staatsgebiet ist die HPA zuständig. Die Planung und Umsetzung der Fahrrinnenanpassung fand daher in enger Zusammenarbeit mit der WSV statt. Konkret wurde die Fahrrinne der Elbe auf einer Länge von 120 km streckenweise so vertieft und verbreitert, dass dass Schiffe mit einem zusätzlichen Meter Tiefgang den Hamburger Hafen gut erreichen können. Ergänzend dazu wurde die sogenannte Begegnungsbox zwischen Neumühlen und Wedel realisiert, eine Verbreiterung der Elbe von 250 auf 385 Meter. Diese Maßnahme schafft eine zweite Fahrbahn, die einfahrenden und ausgehenden Schiffe effizientere und sichere Navigation ermöglicht. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens gegenüber großen europäischen Häfen wie Rotterdam und Antwerpen deutlich gestärkt.

Das übergeordnete Ziel: Ein Ausbau, der Natur und Umwelt schont

Die Tideelbe ist nicht nur ein wichtiger Schifffahrtsweg, sondern auch ein bedeutender Lebensraum für Pflanzen und Tiere – geschützt durch die europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Somit stand außer Frage, dass ein weiterer Ausbau nur dann möglich ist, wenn die Zufahrtsbedingungen zum Hamburger Hafen bedarfsgerecht verbessert und gleichzeitig negative Folgen für den Lebensraum Tideelbe weitestgehend vermieden werden können.

Unser Bestreben: Die Minimierung hydrologischer Auswirkungen

Übergabe von Ausbaubaggergut für den Bau von Unterwasserablagerungen in der Mündung, die gezielt die Strömungen und den Tidenhub reduzieren.

Grundsätzlich führt die Vertiefung und Verbreiterung einer Fahrrinne zu einem Anstieg des Tidenhubs, was wiederum veränderte Strömungsgeschwindigkeiten mit sich bringt – das zeigten auch die vorangegangenen Fahrrinnenausbauten. Dies kann eine verstärkte Verschlickung der Uferzonen oder etwa einen verstärkten Transport von salzhaltigem Nordseewasser stromaufwärts bedingen, mit Auswirkungen auf den Lebensraum Tideelbe. Gelingt es, solche hydrologischen Effekte gering zu halten, reduzieren sich auch die Beeinträchtigungen von Natur und Umwelt.

Bei der jüngsten Fahrrinnenanpassung ließen sich die hydrologischen Wirkungen deutlich minimieren: Zum einen wurden die Baggermengen für den Ausbau auf das unbedingt notwendige Maß reduziert, zum anderen konnte eben dieses Baggergut erfolgreich für Unterwasserbauwerke genutzt werden, um so die Ausbauwirkung auf Strömungen und Wasserstände sowie damit auch auf Natur und Umwelt auf ein verträgliches Maß zu begrenzen. Dass dies gelingen kann, zeigen die Ergebnisse umfangreicher, im Zuge der Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführter Prognosen, die die Wirkungen des Fahrrinnenausbaus auf die Umwelt untersucht haben.

Die ehemaligen Becken des Wasserwerks auf der Billwerder Insel wurden als Ausgleichsmaßnahme wieder an die Tideelbe angebunden. Sie sind jetzt neuer wertvoller Lebensraum für den Schierlingswasserfenchel.

Gravierende ökologische Beeinträchtigungen, die zu übergreifenden Beeinträchtigungen des Ästuars führen könnten, sind somit nicht zu erwarten. Ob dies so bleibt, wird mit einem kontinuierlichen Monitoring immer wieder überprüft.

Allerdings konnten durch die sorgfältige Planung nicht alle Auswirkungen vermieden werden. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere ökologische Beeinträchtigungen durch die lokale Inanspruchnahme von Flächen für die Fahrrinnenverbreiterung sowie entsprechende Begleitbauwerke. Sie werden durch umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen aber vollständig kompensiert.

Ist die Fahrrinnenanpassung nun „ökologisch gescheitert“?

Meist geht es in der aktuellen Diskussion rund um die Fahrrinnenanpassung und mögliche ökologische Schäden weniger um den Ausbau als um die Wassertiefeninstandhaltung – der Aufwand hierfür hat angesichts erhöhter Sedimentmengen zugenommen. Kritiker vertreten die These, dass die Zunahme der Sedimentation vor allem auf die Fahrrinnenanpassung zurückzuführen sei, weshalb diese ökologisch gescheitert sei. Sie fordern einen Rückbau, um die Unterhaltungsbaggerung im Hamburger Hafen zu verringern.

Um die Baggermengen zu reduzieren, ist es jedoch unabhängig von der Fahrrinnentiefe notwendig, die ökologisch und wirtschaftlich nachteilige Kreislaufbaggerei zu begrenzen. Daher beabsichtigt die HPA, künftig mehr Baggergut im Bereich der Elbmündung und der Deutschen Bucht unterzubringen. Dieses Vorgehen wird von Teilen der Öffentlichkeit kritisch gesehen, da sie Umweltbeeinträchtigungen fürchten. Fakt ist jedoch, dass die HPA alle umweltrechtlichen Auswirkungen in umfangreichen Gutachten geprüft hat und sich strikt an die strengen gesetzlichen Anforderungen hält, um ihrem gesetzlichen und gesellschaftlichen Auftrag nachzukommen. Wir sind überzeugt, dass diese Strategie, den Hamburger Hafen durch eine verbesserte Zufahrt für Deutschland im Wettbewerb zu sichern, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch sinnvoll ist.

Was hat den Anstieg der Sedimentmengen verursacht?

Der „Hungerstein“ in Děčín liegt seit Jahren trocken weil es viel zu wenig geregnet hat im Elbegebiet. Quelle: Wikipedia, Dr. Bernd Gross.

Auch wir beobachten seit rund 10 Jahren, also bereits vor der Fahrrinnenanpassung, einen signifikanten Anstieg der Sedimentmengen im Hamburger Hafen.

Allein diese große Zeitspanne zeigt, dass der Fahrrinnenausbau nicht die entscheidende Ursache für die aktuelle Entwicklung sein kann. Hauptgrund für die steigenden Sedimentmengen ist vielmehr der durch Trockenheit und Wasserentnahmen seit Jahren anhaltend niedrige Wasserzufluss aus Ober- und Mittelelbe. Dadurch hat sich die Transportkraft des Flutstroms deutlich verstärkt – er schwemmt mehr Sedimente aus der Unterelbe in den Hafen als früher.

Der diskutierte Rückbau der Fahrrinnenanpassung würde diesen Zustand nicht grundlegend ändern. Die Unterhaltungsbaggerei unterstützt vielmehr den natürlichen Sedimenttransport ins Meer, den die Elbe aufgrund des gesunkenen Wasserzuflusses derzeit selbst nicht mehr leisten kann. Nur die Nutzung von Verbringstellen im Bereich der Elbmündung und der Deutschen Bucht ermöglicht es, hohe Sedimentmengen aus der Elbe in die Nordsee zu bringen – sie sind daher aktuell die einzig umsetzbare Lösung, um den Baggeraufwand wieder zu senken. 

Werden die verbesserten Tiefgänge von der Schifffahrt ausgenutzt?

Die Berlin Express, eines der größten Containerschiffe weltweit, auf ihrer Jungfernfahrt nach Hamburg.

Betrachtet man die Entwicklung von 2020 bis 2022, lässt sich feststellen, dass die Großcontainerschiffe, die den Hamburger Hafen verlassen, im Schnitt um 0,8 m höhere Tiefgänge hatten. Die durchschnittlichen Tiefgänge der einlaufenden Großcontainerschiffe sind im gleichen Zeitraum sogar um 1,1 m angewachsen. Also eine beachtliche Tiefgangszunahme.

Allerdings musste die WSV im November 2022 die durch den Fahrrinnenausbau gewonnen Tiefgangsverbesserungen vorübergehend um etwa 50% reduzieren: Starke Sedimentbewegungen hatten in ihrem Zuständigkeitsbereich dafür gesorgt, dass die Sollwassertiefen nicht verlässlich zur Verfügung gestellt werden konnten. Ursache für diese Entwicklung war der morphologische Nachlauf – ein Effekt, der häufig nach Abschluss von Vertiefungsmaßnahmen auftritt, wenn es durch Nachrutschen an den neu geschaffenen Böschungen kurzfristig zu erhöhten Sedimentmengen kommt. Verstärkt wurde dieser Effekt durch schwere Sturmfluten im Winter 2022/23.

Inzwischen hat sich die Situation beruhigt, und die WSV ist – mit aktiver Unterstützung der HPA – dabei, die zusätzlichen Sedimentmengen bedarfsgerecht zu entfernen.

Die Fahrrinnenanpassung ermöglicht einen effizienten und ökologisch vergleichsweise wenig belastenden Warentransport, die Sicherung vieler Arbeitsplätze und eine zuverlässige Versorgung unserer Region und darüber hinaus.

Mehr über die Fahrrinnenanpassung zeigt ein Film.